Page 7 - Katalog Sigrid von Lintig 2020.indd
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Berry oder Malern wie Konrad Witz eine räumliche Darstellung    In den spielerischen Drehbewegungen, im Eintauchen und Ab-
                         bzw. Wahrnehmung. Wasser hat nun eine variantenreiche Far-      sinken  entwickeln  die  Figuren  eine  eigentümliche  Gestik.  Ein
                         be, man sieht Reflexionen auf der Oberfläche, Bewegungen der    junger Mann wirkt so recht ungelenk und wie eine Pathosformel,
                         Oberfläche selbst und durch das Wasser hindurch Fische und      gewinnt gar etwas Sakrales in der Haltung. Diese ungewollte Po-
                         den Untergrund. Wasser ist nicht nur Oberfläche, sondern eine   sitionierung ist von der Künstlerin durchaus gewollt aus einer
                         Haut über einer nicht erschließbaren Massivität, die vier Aspekte   großen Menge von Vorlagen ausgewählt. In vielen Gesten oder
                         beinhaltet:  Durchblick,  Draufsicht,  Spiegelungen,  prismatische   in gespreizten Haltungen wird der Raum durchmessen oder es
                         Brechungen. Die Seerosen Monets in seinen Gärten in Giverny     gibt kokonhafte Verdichtungen der Körper in einer Dreh- oder
                         arbeiten mit dieser Parallelität des Sichtbaren.                Schwimmbewegung. Genau sieht man diese Figuren aber nicht.
                                                                                         Man  erahnt  ihr Tun  aus  der  eigenen  Erfahrung  und  neigt  zur
                         Sigrid von  Lintig  nun  spielt  mit  einer  nach  100 Jahren  inzwi-  Vervollständigung. Gemalt sieht man aber einen fragmentierten
                         schen ganz selbstverständlich gehandhabten Malerei der Abs-     Leib, dessen Konturen aufgelöst sind, der gar nicht richtig und
                         traktion frei mit den Wechselwirkungen von Licht und Farbe auf   perfekt  aussieht.  Nur  die  Suggestion  der  Fotovorlage  erzeugt
                         der Oberfläche. Dieser Aspekt wird noch einmal betont durch     Glaubwürdigkeit, aber je näher man herangeht, umso mehr wird
                         das  Motiv  des  Eintauchens.  Dieses  Eindringen  in  ein  anderes   die Malerei sichtbar. Insbesondere der Untergrund des Umfel-
                         Medium ist von Widerstand und Zerteilungsstrukturen geprägt.    des, der durch die „besoffenen Linien“, wie Sigrid von Lintig das
                         So wie Raumschiffe mit falschem Eintauchwinkel von der Erdat-   selber nennt, eine im Rahmen der Glaubwürdigkeit gänzlich freie,
                         mosphäre abprallen können, zeigt sich auch beim Wasser eine     zumindest eigenständige Kachelkalligraphie entstehen lässt. Die
                         unerwartete Festigkeit, die durch Formanpassung leichter und    Wellenbewegung  wird  in  einem  Becken  ja  selten  durch  Strö-
                         schmerzfreier durchdrungen werden kann, je nach dem Wellen,     mung bewirkt, sondern durch Brechungen in der Wechselwir-
                         Wirbel oder Bläschen erzeugt. Die Malerei spinnt mit informeller   kung vieler Schwimmer, Springenden, dem Schwappen und dem
                         Freiheit die Vorgaben weiter, komponiert eigenständig improvi-  Aufprallen  auf  den  Rändern  als  Schwallwasser.  Eine  unruhige
                         sierend darüber hinaus.                                         durch flache Wellen geprägte Oberfläche. Das führt dazu, dass
                                                                                         alles, was darunter ist, ständig unter dem Einfluss des Sonnen-







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